„ENTWURZELUNG BINDUNG TRANSFORMATION …“
Introspektiven und Perspektiven für ein humanes 21. Jahrhundert
"Der Traum ist aus - aber ich werde alles geben, dass er Wirklichkeit wird." (Rio Reiser / R.P.S. Lanrue) Der Historiker Eric Hobsbawm prägte den Begriff vom "langen 19. Jahrhundert", das er als Epoche von 1789 bis 1914 beschrieb. Eine ähnliche Betrachtung könnte über "das lange 20. Jahrhundert" angestellt werden, dessen Nachwirkungen bis in die ersten Jahrzehnte des 21. Jahrhunderts reichen. Unsere Krisen haben ihre Mitursachen in der Kriegs-, Gewalt- und Machtgeschichte des ausklingenden oder immer noch mitklingenden letzten Jahrhunderts. Aus der Sicht der Menschen, die Bewohner und Getriebene, Opfer und Täter dieser unabgeschlossenen Epoche waren und sind, ist mit gutem Sinn von Erfahrungen der Entwurzelung und Bindung zu reden. Entwurzelung ist, was wir empathisch mit uns selbst und mit anderen wahrnehmen und verstehen müssen: als Ergebnis von Kriegswirklichkeiten, als Ergebnis von tiefgreifenden ökonomischen und gesellschaftlichen Veränderungen, als Ergebnis politischer und kolonialistischer Gewalt und ökologischer Katastrophen, als Ergebnis technokratischer Umwälzungen und der Verfälschung und Zerrüttung von Kommunikation, kulturellen Traditionen, künstlerischer Kreativität. Bindung meint zunächst die Kernrealität alles Menschlichen und damit alles Psychohistorischen: Bezogensein, das Angewiesensein auf die Mitmenschen, „lebendige Wechselseitigkeit“ (E.H. Erikson) als grundlegende und ideale Wirklichkeit persönlichen und sozialen Menschseins. Dann aber sind damit auch alle belasteten und verletzenden Formen von Bindung, Sozialem, Kollektivem und Geschichtlichem genannt, beginnend in der Erfahrungswelt des pränatalen Bezogenseins, über unheilvolle Formen der Eltern-Kind-Beziehung bis zur Ebene ökonomischer Gestaltungen und Verträge und massenpsychologischer Dynamiken. Auf der bald 14 Jahre breiten Schwelle des 21. Jahrhunderts stehend, müssen wir Wurzeln schlagen und neue Bindungen eingehen, inzwischen unleugbar im Rahmen der globalisierten Menschheit. Es reicht nicht mehr, die Krisen zu analysieren und zu beschwören - es muss eine Sprache der Transformation, der Veränderung, die einen entscheidenden, substantiellen Unterschied macht, gefunden werden. Mit welchem Ziel und nach Maßgabe welcher Kriterien? Psychohistorie in unserem Verständnis stellt Empathie in den Mittelpunkt: das Einfühlen und Mitfühlen in Bezug auf andere. Empathie in diesem Sinne ist nicht teilbar, sie gilt allen Menschen. Ziel wünschenswerter Transformation für das 21. Jahrhundert ist in diesem Sinne die Bewahrung und Wiederherstellung der Würde Aller. Eine solche alle Menschen in ihrer Würde einbeziehende Sprachform hieß früher - vor seiner Totsagung vor 35 Jahren (Lyotard 1979) - eine "Große Erzählung". Wir wollen diese Tagung auch dem gemeinsamen Finden (im interdisziplinären Gespräch) von Elementen, Sätzen, Absätzen, vielleicht eines Teilkapitels einer neuen "Großen Erzählung" widmen, auf der Grundlage des Verstehens alter und aktueller Entwurzelungen, belastender und tragfähiger Bindungen und mit dem Blick für wünschenswerte Ziele und realistische Schritte notwendiger und möglicher Transformationen. |
Programm: Freitag, 04. April 2014 (Evangelisches Gemeindehaus)
16.00 Bernd Nielsen
Begrüßung
Einführung: Eine mögliche Große Erzählung der Gegenwart -
ein gewagter Blick auf und in den Einband
16.30 Jeanne-Marie Kambu und Brigitte Demeure
Die Kolonialisierung und ihre Folgen am Beispiel der Lebensgeschichte einer afrikanischen Familie in Burkina Faso in der Mitte des 20. Jahrhunderts
17.30 Pause
17.45 Angela Moré
„Einsamer
nie“ oder „Nur wer die Sehnsucht kennt, weiß, was ich leide!“
Warum wir die Bedeutung von Bindungen vergessen haben und wodurch sie
wiederentdeckt wurde.
Eine
kulturgeschichtlich-sozialpsychologische Analyse
18.45 Pause
19.00 Tilmann Moser
Vielfacher realer und seelischer Heimatverlust: Verwirrung und Zerrissenheit als Schicksal
20.30 Abend im "Spökenkieker"
Programm: Samstag, 05. April 2014 (Hotel Eickstädt (Smart-Hotel))
09.00 Florian Galler
Gruppenprozess und Aktienbörse 2009 - 2013
10.00 Merle Hilbk
Trauma und Traum. Russlanddeutsche auf der Suche nach Heimat und Identität in Deutschland
11.00 Pause
11.30 Goetz Steeger
Songs of Love and Freedom
12.30 Gemeinsames Mittagsbuffet Strandspaziergang
15.00 Anja Röhl
Bindungstheorie und NS-Säuglingspflege
16.00 Bernhard Wegener
Sklaverei, Leibeigenschaft und ihre modernen Ausprägungen
17.00 Pause
17.30 Roland Heinzel
Heimat – Geborgenheit im Ungewissen?
18.30 Plenum
Entwurzelung
- Bindung - Transformation:
Wo befinden wir uns?
19.00 Mitgliederversammlung der GPPP
20.30 Abend "bei Lilo und Karl-Heinz"
Programm: Sonntag, 06. April 2014 (Hotel Eickstädt (Smart-Hotel))
09.00 Bernd Nielsen
Symbolische Maschinen: ein Netzwerk selbstgeschaffener Kunstwerke zur Wiederaneignung eines gentrifizierten Kurortes
10.00 Thomas Rudek
Mehr Demokratie als bisher wagen - Plädoyer für eine systemrelevante Transformation der repräsentativ-parlamentarischen Parteiendemokratie
11.00 Pause
11.15 Klaus-Jürgen Bruder
Verleugnung als Widerstand gegen Transformation: nichts sehen, nichts hören, nichts sagen
12.15 Julia Kansok-Dusche
Bindung, Entwurzelung und Transformation in Indien, Europa und im Denken Ashis Nandys
13.15 Plenum
Selber
fühlen. Ungeteilte Empathie für sich selbst und die anderen als
tragender Grund psychohistorischer Transformation
14.00 Abschluss
Bruder, Klaus-Jürgen, Prof. Dr., Studium der Psychologie, Soziologie und Politischen Wissenschaft; Psychoanalytiker; Professor FU Berlin, Studiengang Psychologie; Vorsitzender der Neuen Gesellschaft für Psychologie (NGfP); Klaus-Juergen.Bruder@FU-Berlin.de
Demeure, Brigitte, Dipl.-Historikerin und Dipl. der interkulturellen Verhandlung; Vorsitzende der Société Française de Psychohistoire; Doktorandin; Avignon brigittedemeure@yahoo.fr
Galler, Florian, Lic. oec. publ., Volkswirtschaftler, Wirtschafts- und Sozialgeschichte; Repräsentant des Institute of Psychohistory für die Schweiz; Herausgeber des Psychonomic Newsletter; Zürich; www.psychohistory.ch / floriangaller@bluewin.ch
Heinzel, Roland, Dr. med., Dipl.-Psych., Nervenarzt, Psychoanalytiker; Dozent am Jung-Institut Stuttgart; Dozent und Lehrtherapeut des C.I.P. (Centrum für integrative Psychotherapie); München; rolhei@t-online.de
Hilbk, Merle, freie Journalistin und Schriftstellerin; Reportagen Osteuropa, Bosnien; gibt Seminare für deutsche Kriegsenkel und russlanddeutsche Kriegskinder; Berlin; Merle_hilbk@t-online.de
Kambu, Jeanne-Marie, Dr. der Geschichte und Afrikanistin; Dozentin in Frankreich und in Burkina Faso; Mitglied des Vereins "Mouvement Burkinabé des Droits de l'Homme et des Peuples"; Paris
Kansok-Dusche, Julia, Dipl.-Psychologin; langjährige Erfahrung im Personalwesen (Europa, Indien, China); seit 2010 Studium der Politik- und Verwaltungswissenschaft; demnächst Beginn eines Promotionsprojektes; Berlin/New Delhi
Moré, Angela, Prof. Dr., außerplanmäßige Professorin für Sozialpsychologie an der Leibniz Universität Hannover und Dozentin am Winnicott Institut Hannover; Gruppenanalytikerin, Mitbegründerin des Gruppenanalytischen Instituts GIGOS; Hannover a.more@sozpsy.uni-hannover.de
Moser,Tilmann,
Studium
der Literaturwissenschaft und Soziologie, journalistische Ausbildung;
Psychoanalytiker; 1969-78 Dozent am Sigmund-Freud-Institut in
Frankfurt;
seit 1978 private Praxis in Freiburg
Nielsen,
Bernd, Ev.
Theologe und Pastor; Doktorand (Dissertation als psychohistorische
Studie); Vorsitzender
der GPPP; St.
Peter-Ording; kierkegor@aol.com
Röhl, Anja, Studium der Germanistik, Sonderpädagogik und Psychologie; freie Dozentin verschiedenster sozialpsychologischer Bereiche, Fachdozentin für Heilpädagogik; Kulturjournalistin, Buchautorin
Rudek, Thomas, Politikwissenschaftler; Privatisierungskritiker und Verfasser und Sprecher des bisher einzigen erfolgreichen Volksentscheids in Berlin; www.wasserbuerger.de / ThRudek@gmx.de
Steeger, Goetz, Musiker seit vielen Jahren von Avantgarde, Liedermacherei bis Punk, aktuell mit „User“; Zusammenarbeit u.a. als Produzent mit Franz Josef Degenhardt; regelmäßige Musikfeatures als freier Radioautor; Hamburg
Wegener, Bernhard, Drs., Psychologe, Theologe und Historiker sowie Lehrtherapeut in Tiefenpsychologie und Verhaltenstherapie; Klinischer Psychologe an der Berliner Vivantes-Klinik
Bernd Nielsen
Waldstraße 39, 25826 St. Peter-Ording
E-Mail Kierkegor@aol.com
Am Freitag: Evangelisches Gemeindehaus,
Olsdorfer Straße 19, 25826 St. Peter-Ording
Bahnstation Bad St. Peter-Süd
Am Samstag + Sonntag: Hotel Eickstädt (Smart-Hotel)
Waldstraße 11, 25826 St. Peter-Ording
Bahnstation Bad St. Peter-Ording
Hotel Eickstaedt [neben der Tagungsstätte]
Kathmeyer’s Landhaus Godewind [ganz in der Nähe, Reetdachhaus]
Hotel Twilling - St. Peter-Ording [in der Nähe, näher am Strand]
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bis 27.03.2014 |
Tageskasse |
Nichtmitglieder |
70,– € |
80,– € |
Mitglieder der GPPP |
60,– € |
70,– € |
Ermäßigt* |
30,– € |
30,– € |
Halbtagesblock |
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20,– € |
Halbtagesblock (ermäßigt) |
--- |
10,– € |
*Ermäßigung für Studierende, Arbeitslose und Menschen mit geringem Einkommen
In der Teilnahmegebühr sind Pausengetränke und Teilverpflegung enthalten.
Der "Abend bei Lilo und Karl-Heinz" in Osterhever kostet 20,- € zusätzlich (regionales und internationales Büffet incl. Getränke), der Taxitransfer wird aus der Tagungsgebühr finanziert.
Durch Überweisung der Tagungsgebühr bis spätestens 27.03.2014 auf das Konto »Deutsche Gesellschaft für Psychohistorische Forschung« – Sparkasse Heidelberg, Konto 4252578, BLZ 672 500 20, Kennwort: Tagung St. Peter-Ording 2014
sowie schriftliche Anmeldung bei
Bernd Nielsen
Waldstraße 39, 25826 St. Peter-Ording
E-Mail Kierkegor@aol.com
Komplettes Tagungsprogramm als pdf-Datei zum Download
Die
Anerkennung der Tagung ist bei der Psychotherapeutenkammer
Schleswig-Holstein sowie bei der Ärztekammer Schleswig-Holstein
beantragt.
Letzte
Änderung am: 22. Dezember 2014 von A.Bischoff