Um was geht es an der Tagung? Der Psychoanalytiker Horst-Eberhard Richter schreibt in seinem Aufruf „Frieden kann es nur durch Humanisierung geben“ Folgendes zum Irakkrieg: „Der Irak-Krieg wurde nicht für die Sicherheit der Welt geführt, denn die atomare Bedrohung war ja gar nicht da, und den Terrorismus hat er nur verschärft. Eine Politik, die dem Terrorismus nur neuen Nährboden liefert, ist also das Gegenteil von Sicherheitspolitik…“ Nahe läge es seiner Meinung nach, „Sicherheit im Sinne Mandelas eher mit Verständigung, Annäherung, wechselseitiger Anteilnahme, Versöhnung, Einfühlung und Gemeinschaftlichkeit zu verbinden. Aber diese Vision von gemeinsamer Sicherheit setzt eine Stimmung von Zuversicht voraus, von Vertrauen in die Kraft zur Humanisierung des Zusammenlebens und in den eigenen Willen, sich für dieses Ziel persönlich zu engagieren. Der psychohistorische Ansatz in der Tradition des Amerikaners Lloyd DeMause, wie er an der Tagung vertreten wird, sieht die Gründe für das Fehlen von „Vertrauen in die Kraft zur Humanisierung“ in unbewussten Wünschen der Bevölkerung, die aus abgespaltenen Persönlichkeitsteilen stammen. Diese führen in den Bevölkerungen westlicher Länder zu Widerständen gegen Friedenspolitiken und zur Popularität von Politiken, welche den Terrorismus nähren. Dabei bringen sich die unbewussten Wünsche in Politik und Wirtschaft in einem zyklischen Gruppenprozess zum Ausdruck. |
Programm
10.00 Ludwig Janus
Anthropologie und Psychohistorie menschlicher Gewaltbereitschaft
10.45 Winfried Kurth
Terrorismus, Krieg und soziale Degradierung als Ausagierung destruktiver Wünsche, die von vielen Menschen des Westens geteilt werden
11.15 Pause
11.45 Heinrich Reiss
Geboren 1914 – ein Sohn des Volkes
12.15 Mittagspause
14.15 Florian Galler
Die Legitimationskrise der Bush-Regierung im Jahr 2004, der amerikanische Gruppenprozess und die Aktienbörse. Über irrationale Präferenzen und Politiken.
14.45 Pause
15.15 Joseph Berghold
Globalisierung: Herausforderung, Ängste und Abwehrmechanismen
15.45 Schlussrunde
16.00 Ende der Tagung
16.15 Besprechung für Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Psychohistorischen Forschung zu der weiteren Entwicklung der Gesellschaft bis ca. 17:00 Uhr (auch Nicht-Mitglieder sind dazu eingeladen)
Hotel Zürichberg, Orellistrasse 21, CH-8044 Zürich
Fon +41 1 268 3535, Fax +41 1 268 3545
Seminarraum Flamingo
A. & J. Bischoff, Friedhofweg 8, 69118 Heidelberg
Tel.: 06221 892729 Mo. - Fr. zwischen 8.00 und 9.00 Uhr
Fax: 06221 892730, E-mail: <info@psychohistorie.de>
Fr. 30.— (an der Tageskasse zu bezahlen)
bis 16.9.2004 bitte an Florian Galler, Steinhaldenstr. 68, 8002 Zürich, Tel. 01 202 16 25, E-Mail galler@webshuttle.ch
Josef Berghold
Globalisierung: Herausforderung, Ängste und Abwehrmechanismen
Das immer zügigere Zusammenwachsen unserer heutigen Welt geht einerseits mit marktwirtschaftsradikalen Globalisierungstrends einher, die eine akute Gefährdung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und eine Eskalation sozialer Ängste mit sich bringen. Andererseits hat es auch eine Situation geschaffen, in der wir als ganze menschliche Gesellschaft im selben Boot sitzen und die daher einen tief greifenden Wandel notwendig macht: die Überwindung des Faustrechts der Starken, die Schaffung einer tragfähigen Grundlage von Solidarität und gemeinsamer Verantwortung für unseren klein gewordenen Planeten. Welche psychologischen Voraussetzungen wären für einen solchen Wandel entscheidend? Welche unbewussten Abwehrmechanismen richten sich (offensichtlich mit großer Hartnäckigkeit) dagegen?
Florian Galler
Die Legitimationskrise der Bush-Regierung im Jahr 2004, der amerikanische Gruppenprozess und die Aktienbörse. Über irrationale Präferenzen und Politiken.
Die Akzeptanz der irrationalen Politiken und der ideologischen Grundlagen der amerikanischen Regierung nimmt während der Legitimationskrise ab. Dies beschränkt ihre Fähigkeit zum Ausagieren unbewusster traumatischer Gefühle der Bevölkerung von Angst, Wut und Scham z.B. mittels Krieg und Verletzung von Menschenrechten. Wegen der abnehmenden Fähigkeit des politischen Systems zum Ausagieren dieser traumatischen Gefühle verlagern sich diese in das wirtschaftlichen System. Dies widerspiegelt sich im Verlauf der Aktienbörse.
Ludwig Janus
Anthropologie und Psychohistorie menschlicher Gewaltbereitschaft
Neue Ergebnisse der Evolutionsbiologie und der Entwicklungspsychologie erlauben neue Einsichten in die Wurzeln der menschlichen Gewaltbereitschaft. Bedeutsam ist dabei die evolutionsbedingte extreme Hilflosigkeit des menschlichen Säuglings, der deshalb auf quasi symbolische Kommunikation durch Mimik, Stimme und Blickkontakt angewiesen ist. Unsere Gruppen und Gesellschaften sind Ersatzcontainer, die unser seelisches Überleben sichern.
Daraus ergeben sich Störbarkeiten und eine Überlebensangst und Gewaltbereitschaft, wie wir sie so bei Tieren nicht kennen. Die Psychohistorie der bisherigen Lösungen für diese Beziehungslabilität wird nachgezeichnet und Verständnismöglichkeiten, die sich hieraus für heutige politische Konfliktsituationen ergeben, werden aufgezeigt.
Winfried Kurth
Terrorismus, Krieg und soziale Degradierung als Ausagierung destruktiver Wünsche, die von vielen Menschen des Westens geteilt werden
Mit Methoden der Gruppenfantasieanalyse wird aufgezeigt, dass sich im Irak-Krieg und in den vorangehenden Medienbotschaften, auch in Deutschland, destruktive Impulse manifestiert haben, die aus abgespaltenen Persönlichkeitsteilen herrühren. Diese Impulse liegen auch primär "strafenden" Maßnahmen in der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik ("Agenda 2010") zugrunde. Eine extreme Form des Ausagierens destruktiver Wünsche durch Delegierte ist schließlich der Terrorismus in seinen verschiedenen Varianten.
Heinrich Reiss
Geboren 1914 – ein Sohn des Volkes
Eine Mikro-Studie entlang der biographischen Linie des Robert M., Schriftsetzer aus Nürnberg. Auf folgende Aspekte wird eingegangen: Kindheit und Jugend im Krieg und zum Krieg; linke und rechte Rebellen; Kampf und Kampfsport und Symbolkampf; der Vater in deutschen Arbeiterfamilien; Führer, Opfer und Bestrafung – religiöse Untergründe und die Risse am Riesen
Letzte Änderung am: 30. August 2004 von A.Bischoff